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Vermögensberater auswählen (Teil I)

Welche Hindernisse uns von guten Vermögensberatern trennen

  • Die zwei wichtigsten Bereiche unseres Lebens sind unsere Gesundheit und unsere Finanzen.
  • Beide Bereiche können wir durch unsere Entscheidungen und Handlungen maßgeblich beeinflussen.
  • In beiden Bereichen unterstützen uns Berater – Mediziner und Vermögensberater.
  • Im Gesundheitswesen müssen Berater unsere Interessen an erste Stelle setzten, im Finanzwesen können sie das tun.
  • Warum sie es nur selten tun ist hier zusammengefasst, wie man sich Abhilfe schaffen kann, folgt in Teil II.

Wenn man den Rat von Experten aufsucht steht man vor dem Problem, dass man die Kompetenz des entsprechenden Experten nicht beurteilen kann. Dazu müsste man selbst Experte auf dem jeweiligen Gebiet sein – und bräuchte ihn in der Regel erst gar nicht.

Um diesem Informationsungleichgewicht möglichst entgegenzuwirken, haben sich Berufsgruppen Berufsethiken verpflichtet, sich Standesregeln auferlegt, Richtlinien festgelegt, Disziplinarkommissionen eingerichtet und ähnliches mehr. Alles Maßnahmen, die eigentlich nur das Schlimmste verhindern können, und die in der Finanzindustrie erst gar nicht existieren. Verpflichtende Berufsverbände, wie sie im Ingenieurswesen, der Medizin oder dem Rechtswesen üblich sind, gibt es in der Finanzbranche nicht.

Im Gegenteil: Der Finanzindustrie ist es gelungen, ihre Verkäufer als Berater zu positionieren und als solche in den Köpfen der Anleger zu verankern. Vermögensberater nennen sich nämlich gerne Berater, sehen sich aber grundsätzlich als Unternehmer. Als solche sehen sie ihr legitimes primäres Ziel im Erwirtschaften von Gewinnen. Die Interessen der Anleger werden erst dann in Überlegungen einbezogen, wenn der eigene Gewinn abgesichert werden konnte. Das sieht auch der Gesetzgeber so, und relevante Gesetze sind dementsprechend gestaltet. Sie werden zwar erlassen um Anleger zu schützen, schützen aber bei genauerem Hinsehen vor allem die Finanzindustrie vor den Anlegern. Anleger können erst dann auf Schutz durch den Gesetzgeber hoffen, wenn offensichtlich vorsätzlich falsch beraten wurde oder es sich um Betrug handelt.

Das führt auch dazu, dass in der Finanzindustrie Forschung, Produktion und Vertrieb nicht strikt getrennt werden. Im Gesundheitswesen, beispielsweise, wird zumindest versucht wissenschaftliche Forschung, Produktion (Pharmaindustrie) und Vertrieb (Ärzte) streng zu trennen, um Interessenskonflikte zu vermeiden. In der Finanzbranche ist das nicht einmal ein Lippenbekenntnis. Produktion und Vertrieb sind praktisch immer unter einem Dach vereint, und Forschung wird bestenfalls für plumpes Marketing missbraucht: „Für die Verwaltung ihres Vermögens verwenden wir nobelpreisgekrönte Strategien“.

Schließlich ist da noch der Umstand, dass es in der Finanzindustrie um Geld geht. Sehr viel Geld. Sie zieht, wenig überraschend, insbesondere jene Menschen an, denen Geld besonders wichtig ist. Menschen, deren Interesse an Themen der Ethik und Moral möglicherweise etwas schwach ausgeprägt ist.

In den meisten Lebensbereichen kann man froh sein, wenn man einen guten Berater gefunden hat. Um einen hervorragenden zu finden, braucht man schon ein bisschen Glück. Nicht so bei Vermögensberatern: hier braucht man schon Glück um einen Berater zu finden, der den eigenen Interessen nicht schadet.

Aber es gibt auch gute Nachrichten:

  • Die allermeisten Anlageberater handeln im besten Wissen und Gewissen. Auch wenn sie dabei Anleger womöglich schaden: sie können es einfach nicht besser. Nicht, weil ihre Aufgabe so schwierig ist, sondern weil sie es einfach nicht anders gelernt haben. Für Anleger ein schwacher Trost, aber es muss gesagt sein, meinetwegen auch betont werden.
  • Es gibt sehr wohl Vermögensberater, die hervorragende Leistungen erbringen können, dies auch wollen und die sogar laufend hinterfragen, ob sie nicht doch bewusst oder unbewusst davon abgehalten werden, in unserem besten Interesse zu handeln.

Solche Vermögensberater sind nicht leicht zu finden. Viele von ihnen betreuen nur wenige, manchmal nur einzelne, Großanleger. Die verbleibenden können sich in der Regel nicht ausreichend sichtbar machen (das Internet bewirkt hier glücklicherweise positive Entwicklungen). Wenn Sie jedenfalls das Glück haben sollten einen solchen kennen, tun Sie bitte ihm und Ihren Mitmenschen etwas Gutes: empfehlen Sie ihn oder sie hemmungslos weiter.

Und wenn wir schon beim Gendern angelangt sind: meine Schwierigkeiten mit dem Gendern dürften mittlerweile offensichtlich sein. Ich bitte um Verzeihung. Nichts liegt mir ferner, als das weibliche Geschlecht zu vernachlässigen. Im Gegenteil: Ich habe schon immer die – leider noch immer unbelegte – Überzeugung gehabt, dass der Finanzbranche weibliche Charaktereigenschaften (die eben vor allem Frauen besitzen) schmerzlich fehlen. Ich bemühe mich bei jeder Gelegenheit Frauen zu beschreiben, wie wertvoll ihr Beitrag für die Finanzbranche wäre.

Bei unserem (bestehenden oder zu erlangenden) Vermögen geht es um den zweitwichtigsten Bereich unseres Lebens (nach unserer Gesundheit). Es ist also zumindest vernünftig, in diesem Bereich möglichst wenig dem Glück zu überlassen. Allzu viel kann man nicht beeinflussen.1Die größte Auswirkung auf den Anlageerfolg hat der konkrete Börsenzyklus, während dem man sein Vermögen aufbaut. Er alleine bestimmt den Unterschied zwischen gut und unvorstellbar gut. Umso wichtiger ist es, zumindest das wenige Mögliche zu tun, denn schon diese wenigen Möglichkeiten führen zu entscheidenden Verbesserungen der Erfolgschancen.

Wie diese Möglichkeiten im Falle der Beraterwahl aussehen, ist im zweiten Teil beschrieben. Vorausschickend zusammengefasst:

  • Empfehlungen einholen und eigene Recherchen betreiben
  • Mindestens drei Berater persönlich beurteilen
  • Die richtigen Fragen in einem strukturierten Interview stellen
  • Dem eigene Bauchgefühl angemessene Beachtung schenken

Nein, es ist nicht kurzweilig, und ja, es ist mit Aufwand verbunden. Aber wie gesagt: Es handelt sich um einen der wichtigsten Bereiche Ihres Lebens, und ein guter Berater verbessert Ihre Erfolgschancen in entscheidendem Ausmaß.

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