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Geld – Anhang

Vor langer Zeit wird es so gewesen sein, dass vor allem Goldschmiede die meisten Goldvorräte besaßen. Man wird sich wohl an sie gewandt haben, wenn man sich Gold ausborgen wollte. Beispielsweise ein Müller, der von einem Bauern Getreide kaufen wollte um es zu Mehl zu mahlen um es dann an einen Bäcker zu verkaufen.

Geld_Anhang – Abb.1
  • Die Bank hat ihr Gold gegen eine Forderung eingetauscht.
  • Die Bank kann nur (höchstens) soviel Gold verleihen, wie sie selbst besitzt.
  • Sollte es dem Müller nicht gelingen, das Mehl um (mindestens) 10 Gold zu verkaufen, kann er seinen Kredit nicht (vollständig) tilgen und das Eigenkapital der Bank reduziert sich entsprechend (bzw. die Bank ist insolvent).
  • Die Solvenz der Bank hängt davon ab, ob sie die ihren Gläubiger richtig einschätzen kann.

Wenn man vor langer Zeit sein Gold sicher verwahren wollte, wird man es einem Goldschmied anvertraut haben, da dieser auf das sichere Verwahren von Gold spezialisiert war.

Geld_Anhang – Abb.2
  • Der Bauer hat sein Gold gegen eine Forderung eingetauscht.
  • Die Bank hat die Verantwortung übernommen, das Gold sicher zu verwahren. Sie wird dafür vermutlich eine Vergütung verlangt haben.

Sobald die Bank der Kreditnachfrage nicht mehr nachkommen konnte, wird sie „Sparkunden“ vorgeschlagen haben, auch ihr Geld zu verleihen. Diese Kunden müssten dann nicht mehr für die Verwahrung bezahlen, sondern würden möglicherweise sogar Geld verdienen.

Die folgende Abbildung stellt die Kreditvergabe an zwei Gläubiger (Müller und Bäcker) dar (ausgehend von „2 NACH“, d.h. 3V BANK/BAUER = 2N BANK/BAUER).

Geld_Anhang – Abb.3
  • Die Bilanz des Bauern verändert sich nicht.
  • Die Bank hat ihren Goldbestand in entsprechende Forderungen eingetauscht.
  • Je mehr Gold der Bank anvertraut wird, desto mehr Kredite kann sie vergeben.
  • Die Solvenz der Bank hängt weiterhin davon ab, ob sie ihre Gläubiger richtig einschätzen kann. Schätzt sie zu viele Kreditnehmer falsch ein, kann sie die Verluste nicht mehr mit ihrem Eigenkapital decken, und die „Sparkunden“ verlieren (Teile) ihre(r) Einlagen.

Viele Menschen denken, dass das Bankgeschäft auch heute noch genau so, wie soeben beschrieben, abläuft: Banken benötigen Spareinlagen um Kredite zu vergeben; Kann die Bank Kreditverluste nicht mit ihrem Eigenkapital decken, so sind Spareinlagen in Gefahr (und man sollte sich seine (Spar-)einlagen möglichst schnell von dieser Bank holen).

Auch denken Menschen auch heute noch, dass es einen „Geldmultiplikator“ gibt, den Zentralbanken mit Mindestreserven steuern müssen.

Geldmultiplikator: Wenn z.B. im Beispiel oben der Müller Weizen vom Bauern kauft, und der Bauer das Gold zur Bank bringt, bevor der Müller sein Mehl verkauft, und mit dem Erlös seinen Kredit tilgt. Die Bank könnte dieses Gold dann nochmals verleihen, und es wären „30 Gold“ im Umlauf, obwohl nur „20 Gold“ vorhanden sind.

Beides trifft spätestens seit Ende des Goldstandards (was faktisch schon vor über 100 Jahren stattfand) nicht mehr zu.

Nachdem der Müller Weizen vom Bauern gakauft hat, und der Bäcker Mehl vom Müller, verändern sich die Bilanzen wie folgt:

Geld_Anhang – Abb.4

Im günstigsten Fall kauft nun der Bauer das Brot vom Bäcker. Müller und Bäcker könnten dann ihre Kreditschuld tilgen, und die Bank würde die Forderungen wieder in Gold eintauschen. Die Bilanzen würden wieder wie in Abb.2 aussehen, mit dem Unterschied, dass der Bauer statt Weizen (s. „2N BAUER“) nun Brot besäße.

Entscheidend zu erkennen ist hier, dass das Funktionieren dieses Ablaufs nicht so sehr davon abhängt, ob Gold involviert ist, oder nicht, sondern (wie auch in den Abläufen davor) ausschließlich davon, inwieweit die Bank ihre Gläubiger richtig eingeschätzt hat.

Viele Menschen (und zu viele Lehrbücher und Wirtschaftsmodelle) haben noch heute das soeben beschriebene Bild vor Augen, obwohl Bankgeschäfte schon seit dem späten Mittelalter nur mehr teilweise so abliefen, und spätestens seit dem Ende des Goldstandards in keiner Weise so ablaufen.

Die hier beschriebenen Vorgänge finden im Rahmen von Tauschhandel statt. Einem Tauschhandel, der einen „Agenten“ einsetzt (Gold), um komplex gestaltete Handelsbeziehungen abwickeln zu können. Heute werden Geschäfte, so wie vor der Einführung von Geld vor etwa 6.000 Jahren, im Rahmen einer Kreditwirtschaft abgewickelt.

Eine entscheidende Änderung kam mit Einführung der Banknoten und der Entwicklung der doppelten Buchführung1Die doppelte Buchführung wurde in Europa spätestens durch die Zusammenstellung im 1494 in Venedig gedruckten Buch Summa de arithmetica, geometria, proportioni et proportionalità des italienischen Franziskanerpaters Luca Pacioli bekannt..

Für alle Beteiligten ist es praktischer, und vor allem sicherer, wenn man statt Gold Banknoten verwendet. Insbesondere, wenn man als Händler Zahlungsmittel über große Distanzen mitführen musste. So kam es dazu, dass man vom Goldschmied nicht das bei ihm verwahrte Gold verlangte, um sein Geschäfte zu tätigen, sondern Banknoten, die sich auf die entsprechenden Goldbestäde bezogen.

Hier ausgehend von Abb.2 (d.h. „5 VOR“ = „2 NACH“)

Geld_Anhang – Abb.5

Bald werden Goldschmiede (bzw. nunmehr Bankiers) dazu übergegangen sein, mit Banknoten nicht nur den Zahlungsverkehr zu erleichtern, sondern auch ihre Kredite in Form von Banknoten zu vergeben. Anstatt in Form von Gold(-stücken/-münzen).

Geld_Anhang – Abb.6

Schon mit diesem Vorgang schöpft die Bank, in gewisser Hinsicht, Geld „aus dem Nichts“. Die Banknote bezieht ihren Wert aus dem Vertrauen, dass die Bank tatsächlich den entsprechenden Goldbestand besitzt.

Geld_Anhang – Abb.7
  • Im Gegensatz zu vorher (als die Bank keine Banknoten ausgab) besitzt die Bank nun weiterhin das Gold, das sie „eigentlich“ verliehen hat. Dies funktioniert nur, weil sie nun nicht das Gold selbst verleiht, sondern Bestätigungen, die sich auf dieses Gold beziehen. Und Menschen diesem Vorgehen vertrauen und es akzeptieren/wollen/fordern.
  • Vorher konnte die Bank nur soviel Kredit vergeben, wie sie Gold besaß. Jetzt darf sie nicht mehr vergeben, als sie besitzt. (Ein entscheidender Unterschied und die Voraussetzung für sogenanntes Giralgeld. Also Geld, das „geschöpft“ wird und nur als Eintrag in Buchungszeilen existiert.)
  • Bankiers werden sich in der Regel an diese Begrenzung gehalten haben. Vermutlich weniger weil es gesetzlich so vorgeschrieben war, sondern vielmehr, weil sie sich sonst der Gefahr ausliefern würden, eine lukrative Einkommensquelle2Bankgeschäfte waren schondamals sehr lukrativ. Das wertvollste Vermögen der Bankiers war auch damals das Vertrauen, das sie von ihren Geschäftspartnern genossen für immer zu verlieren.
  • Ob Gläubiger ihre Forderung vom Schuldner erhalten hängt weniger davon ab, ob Gold involviert ist, sondern vor allem davon, inwieweit die Bank die Kreditwürdigkeit der Gläubiger richtig einschätzen konnte. Konnte sie das nicht, so verlieren Gläubiger in jedem Fall ihre Forderung. Egal, ob diese in Gold „konserviert“ war, oder in Form von Banknoten repräsentiert war.

Angelehnt an Punkt 3:

Die Bank gibt 2×10 Banknoten aus (10, die sich auf ihr eigenes Gold beziehen, und 10 die sich auf das für den Bauer aufbewahrte Gold beziehen) und verleiht jeweils 10 an den Müller und den Bäcker.

Geld_Anhang – Abb.7a

… die Abwicklung, angelehnt an Punkt 4:

Nachdem der Müller Weizen vom Bauer, und der Bäcker vom Müller Mehl gekauft hat, wird der Bauer 10 Banknoten (statt Weizen) besitzen, der Müller 10 Banknoten (statt Mehl), und der Bäcker 10 Brote (statt 10 Banknoten). Kauft der Bauer nun mit den 10 Banknoten 10 Brote vom Bäcker, hat am Ende einerseits der Bauer 10 Brote statt Weizen, andererseits haben sowohl der Müller, als auch der Bäcker ausreichend Banknoten, um ihre jeweilige Verbindlichkeit bei der Bank zu tilgen.

Auch hier wird wieder deutlich, dass der gesamte Geschäftsablauf nur indirekt vom Vorhandensein von Goldbeständen abhängt. Tatsächlich sind -konzeptionell- nicht einmal die von der Bank ausgegebenen Banknoten (Kredite) für die Geschäfte erforderlich: vorausgesetzt, alle Beteiligten kommen ihren Verpflichtungen nach.

Bankiers werden (abgesehen von Betrugsfällen) nur in zwei Fällen mehr Banknoten ausgegeben haben, als sie eigentlich Gold besaßen: Mit Billigung von Machthabern, um Kriege zu finanzieren, oder weil durch, bis dahin unbekanntes, Wirtschaftswachstum schlicht zu wenig Gold vorhanden war. Desaströs hat das regelmäßig im ersten Fall geendet, wenn Kriege verloren wurden.

Fest steht, dass es irgendwann – vermutlich gegen Ende des Mittelalters – so war, dass

  1. Banknoten allgemein üblich geworden waren
  2. Die erhöhte Nachfrage nach Zahlungsmittel beim besten Willen nicht durch Gold gedeckt werden konnte

und Bankiers irgendwann dem Druck und der Versuchung nicht widerstehen konnten.

Giralgeld ist Geld, das, so wie unter Punkt 4 schon dargestellt, im Kreis läuft. Giral, von italienisch giro [ˈdʒiːɾo], deutsch „Kreis“, zu altgriechisch γύρος gȳros, deutsch , „Umlauf“. Schon unter Punkt 4 wird ersichtlich, dass das bei der Bank hinterlegte Gold an den Geschäftsvorfällen nicht direkt beteiligt ist.

Unter Punkt 4 wird auch schon angedeutet, dass das Gold in diesem Kreislauf eigentlich nicht unverzichtbar ist – vorausgesetzt, alle Beteiligten halten sich an ihre Versprechen/Verpflichtungen.

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