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Immobilien als Wertanlage?

Ein Eigenheim zu besitzen hat viele Vorteile und erfüllt wichtige menschliche Bedürfnisse, das steht außer Frage.
Jedoch im Sinne von »was messbar ist, ist oft irrelevant, und das, was wirklich relevant ist, kann oft nicht gemessen werden1George Vaillant«.

Die gängige Behauptung, dass Immobilienbesitz zusätzlich auch finanziell vernünftig ist, geht allerdings etwas zu weit. Das kann man auch als Nicht-Immobilienexperte mit reiner Logik erkennen, wenn man bedenkt, dass praktisch alle Menschen davon überzeugt sind, dass Immobilienbesitz ein gutes Investment ist. Egal wie rentabel eine Kapitalanlage ist, je mehr Menschen von der Rentabilität überzeugt sind, desto unrentabler wird sie. Am Kapitalmarkt nennt man solche Investments »crowded trades«.

Der jährliche Geldgewinn, den eine Kapitalanlage abwirft, ist mehr (Immobile, Anleihen) oder weniger (Aktien) fix. Variabel ist der Preis, den Anleger bereit sind, für eine solche Anlage zu bezahlen. Eine Kapitalanlage, die jedes Jahr €10.000 Gewinn generiert, beschert eine Rendite von 10%, wenn man sie für €100.000 kauft. Bei einem Kaufpreis von €1 Mio. fällt die Rendite auf 1% p.a.

Der Kaufpreis wird €1 Mio., und regelmäßig auch mehr, betragen, wenn für die Käufer unwiderlegbar feststeht, dass die Anlage sinnvoll ist. Solche Käufer, also die typischen Eigenheimkäufer, orientieren sich nicht an Renditen, sondern an der Leistbarkeit: ich habe monatlich €5.000 zur Verfügung, davon will ich 1/4 fürs Wohnen ausgeben, was bekomme ich dafür? Als Privatanleger kann man also von Immobilien bestenfalls nur sehr magere Renditen erwarten.

Es gibt Ausnahmen2Notverkäufe, Umwidmungen, Aufwertung von Regionen, etc., und professionelle Immobilienfirmen können recht gutes Geld verdienen3was andere Gründe hat und zum Großteil an den besseren Finanzierungsmöglichkeiten liegt, es soll hier jedoch um Immobilien im Allgemeinen, bzw. grundsätzlich als Anlageklasse, gehen.

Nach einigen Überlegungen muss man zu dem Schluss kommen, dass diese Anlageklasse wenn überhaupt, dann nur eine minimale Rendite bieten kann. Aus dem einfachen Grund, weil die Masse der Käufer keine solche verlangt. Ihr Maßstab sind nicht Renditen, sondern Leistbarkeit.

Leistbarkeit hängt direkt mit dem Volkseinkommen zusammen: Je höher das Volkseinkommen, desto teurer die Immobilien4dementsprechend sind Immobilienpreise umso breiter gestreut, je größer die jeweils vorherrschende Vermögensungleichheit ist.

Solange Menschen Geld verdienen und wohnen müssen, werden Immobilien einen Wert besitzen5ähnlich sicher ist, dass Menschen solange Geld verdienen werden, solange es profitable Unternehmen gibt. Das ist die gute Nachricht. Die ernüchternde Nachricht ist, dass Immobilienpreise nicht in den Himmel wachsen können.

Eigenheime und Mieten müssen schließlich von »irgendjemandem» bezahlt werden können, und die Höhe der Bezahlung hängt eben ab vom… Volkseinkommen, bzw. dem allgemeinen Wohlstandsniveau6im Gegensatz zu Unternehmen, die tatsächlich unglaublich stark wachsen können; in Verbindung mit den teilweise absurden Hoffnungen der Aktienanleger kann ihre Bewertung zeitweise leider auch absurde Höhen annehmen.

Das führt zwangsweise dazu, dass Immobilienpreise langfristig höchstens so stark steigen, wie die Wirtschaft, bzw. das Volkseinkommen wächst. Das belegen auch die historischen Daten ziemlich eindeutig.

Hier die Daten einer Studie der Deutschen Bank aus dem Jahr 2020. Sie beziehen sich auf die USA, weil es für dort die umfangreichsten Daten gibt. Für einen Vergleich mit Mitteleuropa sollte man von den US-Aktienrenditen etwa 2 Prozentpunkte abziehen, da der US-Aktienmarkt über das letzte Jahrhundert wohl eine Ausnahme darstellt. Die Entwicklung der Immobilienpreise, so wie auch jene der Staatsanleihen, dürfte recht gut vergleichbar sein.

Das reale Wirtschaftswachstum in den USA betrug über die letzten 50 Jahre in etwa 2-3% pro Jahr, ziemlich gleich viel, wie die jährliche Wertsteigerung der Immobilien. Graphisch dargestellt sieht die reale Wertentwicklung von $100 über die letzten 50 Jahre wie folgt aus:

Die einzige Möglichkeit, dass die Entwicklung der Immobilienpreise maßgeblich und über einen längeren Zeitraum vom Wirtschaftswachstum abweicht, ist die, dass Menschen ihre Präferenz für Wohnausgaben ändern. Wenn sie also plötzlich bereit sind, statt etwa 1/4 ihres Einkommens, 40%, oder sogar 50% ihres Einkommens für ihre Wohnbedürfnisse aufzuwenden.

Ein Phänomen, das man in den letzten 10-20 Jahren in Österreich und Deutschland beobachten konnte. Aus vielen unterschiedlichen Gründen, die jedoch alle schlussendlich damit zusammenhängen, dass Menschen für ihre Wohnbedürfnisse nicht das zahlen, was objektiv sinnvoll ist, sondern das, was sie sich leisten können.

Haben sich die Immobilienpreise schließlich bei 40%-50% der Haushaltseinkommen eingependelt, werden sie (a) in der Regel leider nicht mehr zurück auf gewohnte Niveaus sinken, und (b) sich zukünftig im besten Fall wieder im Gleichschritt mit dem Wirtschaftswachstum bewegen.

Taugen Immobilien also nicht als Geldanlage? Zur Diversifikation für große Vermögen vermutlich schon, für den Durchschnittsbürger wohl weniger. Aber wie gesagt, Geld und Vermögen ist nicht das Wichtigste im Leben und man kann jedem nur wünschen, dass er seine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse befriedigen kann. Aber so sollten Immobilien, und vor allem ein Eigenheim, auch gesehen werden: als eine Luxusanschaffung, die gut überlegt sein will.

Das einzige unwiderlegbare, wenn auch bedauerliche Argument für Immobilien als Geldanlage, ist das, dass Menschen mit einer solchen Investition zum Sparen gezwungen werden. Sie nehmen bei der ersten Gelegenheit eine Hypothek auf, um sich ihren Traum zu erfüllen, und können dann über einen beträchtlichen Anteil ihres Einkommens gar nicht mehr entscheiden.

Man hat dann zwar nach vielen Jahren ein Vermögen geschaffen. Man hat es jedoch denkbar ineffizient getan und ist dann nicht selten zusätzlich gezwungen, sich seine Entscheidung schönzureden.

Das Endergebnis ist natürlich vernünftiger, als gar nicht gespart zu haben. Auch wenn am Ende, nach Abzug aller Kosten und Steuern, das investierte Kapital im besten Fall lediglich erhalten geblieben ist. Immerhin, »besser ois a Sta om Schädl7besser, als es trifft einen ein Stein am Kopf«, wie der Wiener sagt. Auch wenn man als Aktienanleger mit gleichem Sparverhalten nach 25 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht den Wert von einer, sondern von zwei Immobilien besitzen würde.

Diese Qualität von Vernunft ist außerdem nicht bemerkenswerter, als zu sagen, dass man nicht mit 130km/h durch ein Ortsgebiet fährt. Eh klar. Andererseits kann es sehr wohl vernünftig sein, mit 130km/h zu fahren. Wenn man sich beispielsweise gerade auf einer Autobahn befindet. So, wie es vernünftig sein kann vorzugsweise in Aktien zu investieren, wenn man sich beispielsweise gerade in seinen jungen Jahren befindet.

In jedem Fall ist es vernünftig sich zu informieren, ob und inwiefern es, abgesehen von Immobilien, zielführendere Möglichkeiten gibt, um Vermögen aufzubauen. Noch nie war das verfügbare Informationsangebot von so hoher Qualität und so leicht erreichbar. Und es gibt mittlerweile sogar Vermögensberater, die tatsächlich hilfreich sein wollen.

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